Lissabon, 27. - 30. Juni 2017
Wie die Seefahrer in den vergangenen Jahrhunderten fahren wir unter Segeln den breiten Tejo hinauf an Belem vorbei nach Lissabon. Das Wasser ist wunderbar hell und grün und leicht wellig. Der Tag sonnig und frisch. Einfach herrlich. Das ist doch was Anderes, als mit dem Flugzeug (in 2,5 Std vom HH) hierher zu kommen. Unter der langen Brücke hindurch steuern wir bei 6 Beaufort die Marina an. Vor der Einfahrt muss ich über Funk bitten, dass die davor liegende Fußgängerbrücke geöffnet wird, Kanal 68. Nach 9 Minuten können wir passieren und suchen uns einen schönen Platz an einem Fingersteg. Nach der aufwändigen Anmeldung beim Hafenmeister (wieviel Maste hat das Boot usw) wollen wir in die Stadt, damit Hartmut endlich mal wieder einen anständigen Eisbecher essen kann. Die Marina liegt sehr nah an der Innenstadt, nur einige Stationen mit der alten Tram. Tatsächlich findet sich ein Italiener mit richtig gutem Eis am schönsten Platz überhaupt. So sitzen wir ganz glücklich in der Sonne und beobachten, was die anderen Menschen so machen. 
Jetzt sind wir den dritten Tag hier, gestern hatten wir 66. Geburtstag, den wir abends bei einem Italiener (den mit mit dem Eis) am Praca do Comercio mit einer guten Flasche Rotwein vom Tejo gefeiert haben. 
Vielen Dank für die vielen lieben Emails und Messages!!!! Wir haben uns riesig gefreut, dass Ihr an uns denkt, obwohl wir so lange so weit weg sind. Schluchz! 
Wie die Eingeweihten wissen, ist das ja auch der 40. Jahrestag unseres Zusammenziehens. Hochzeitstag…
Vorgestern haben wir uns Torre de Belem und das Denkmal der Entdecker angeschaut. Geschmackssache. 
Wenn man Eroberer mag, dann gefällt einem sicher auch ein Denkmal aus der Zeit des portugiesischen Diktators Salazar. 
Heute müssen wir erst einmal Lebensmittel einkaufen und dann wollen wir Fernando Pessao, einem bedeutenden Dichter und Schriftsteller, der leider aber schon 1935 gestorben ist, treffen. Ein Mann mit einer ausgeprägten Phantasie und anarchistischen Vorstellungen. Er hat Heteronyme entwickelt, diese stehen für verschiedene fiktive Autoren mit eigenen Biographien, eigenen Schreibstilen, Themen, Motiven und philosophischen Kontexten. Mangels anderer interessanter Menschen hat er sich so Gesprächs- und Lebenspartner erschaffen.
Abstimmung heute im Bundestag EHE FÜR ALLE: 393 dafür, 226 dagegen. Gute Entscheidung.





Wir sind in Lissabon
Liebe Anne*.                                       24. Juni 2017.      *der Name wurde von mir geändert

vielen Dank für Deine liebe Email. Die Biskaya liegt gefühlt schon weit weg für uns. Natürlich freuen wir uns, dass Du stolz auf uns bist, dass wir die Biskaya "bezwungen" haben. Dir und vielen anderen FreundInnen verdanken wir es, dass wir so weit gekommen sind.  
Von Porto (was eine tolle Stadt) nach Figueira da Foz mussten wir leider den Motor anstellen. Gestern haben wir nach einem schönen langen Tag (mal wieder richtig viel gesegelt) hier in Peniche angelegt. 
Abgesehen vom schönen Segeln war es ein großer Spaß, dass uns viele Delfine auf unserem Weg über lange Zeit begleitet haben. Sie spielten um unser Boot herum und tauchten unten durch. Diese Tiere haben ja eine unheimliche Dynamik!

Peniche: Ein Fischereihafen, der durch die vielen Fischerboote, die den ganzen Tag rein- und rausdüsen, bestimmt wird. Hier ist eine Festung, die 1570 erbaut wurde, in der während der Salazardiktatur politische Gefangene gesessen haben. 
Einiges an Tourimus ist hier, das kommt durch die hier so hohen Brandungswellen und einer sehr malerischen vorgelagerten Insel namens Belengas. Unglaublich anzusehen sind die hohen dunklen Klippen. Davor gab es die bei uns normalerweise nicht so beliebten Kreuzseen, gestern allerdings war das harmlos.
Die nächten Tage geht es weiter nach Cascais und dann nur noch 12 Seemeilen, dann erreichen wir Lissabon. 
Die Fotos sind nicht von mir.





Porto (Portugal) 18.06.2017 
Marina Douro
Hier im Hafen: "Don't worry be happy" , ein Segelboot an Steuerbord, gegenüber "Be Happy", das hätte es gar nicht gebraucht. Wir sind auch so sehr glücklich, in Porto zu sein. Übrigens: Es fühlt sich so weit weg an von Kirchhatten. Dabei kann man in ein paar Stunden in Bremen sein mit dem Flugzeug. Nein, das haben wir nicht vor. Es geht für uns auf diese Weise immer weiter entlang an der portugiesischen Küste und dann wieder an der spanischen, immer auf der Malsehnwieweitwirkommen-Route. Wir sind nicht die einzigen Segler hier, die es so halten. Ertan, der türkische Engländer sagt: I don't have a timetable. Frauke und Andreas meinen: Wir haben keine Eile. Und die beiden Holländer: Wir fahren Richtung Mittelmeer, mehr wissen wir noch nicht. In Baiona haben wir die 20 Boote von der ARC getroffen, da sind wir froh, dass wir nicht mit denen im Konvoi von England aus die Biskaya gequert haben. Die meisten Boote sind viel länger als wir. Nein, nicht deswegen, wegen unserer Bootslänge. Da sitzen eben ganz andere Leute auf den größeren Schiffen. Kaum angelegt, schon Party. WikiWiki. 
Ich sage Euch, je südlicher wir kommen, desto mehr schrumpelt unser Schiff. In der Ostsee waren wir manchmal ganz schön groß, das ist vorbei. Die meisten Boote hier sind mehr als einen Meter länger. Unser Boot ist übrigens das Beste von allen, klar, oder? 
Ertan hat sich uns ausgeguckt, er ist, scheint so, lieber gelegentlich mit Leuten zusammen, als immer allein auf seinem Boot, alle paar Tage abends zusammen essen gehen oder lecker an Bord kochen, das mag er. Er ist sehr großzügig und sehr freundlich. Frauke und Andreas versuchen uns einzuholen, schwierig, wenn man alle 4 Wochen für 14 Tage zur Pflege der Mutter nach Hause muss. Dafür haben sie den Vorteil, wir können sie über unsere Route und Häfen informieren. 

Die Luft & Liebe ist gut zu uns, meistens alles in Ordnung, es ist so ein tolles Leben an Bord. Derzeit sollen hier 35 Grad sein, Davon merken nur was, wenn wir in die Stadt gehen, was wir gleich machen werden. In Viana, wo wir gestern waren, durften wir ein tolles mittelaltertliches Fest erleben mit Theateraufführung um 12 Uhr nachts. Heute also Porto, eine alte Stadt mit großer Seefahrertradition, für uns natürlich sehr interessant. Ich lade bei Gelegenheit Fotos hoch, im Moment habe ich kein ausreichendes Internet. 
Von Muxia nach Muros
Wenn Hartmut innerhalb einer halben Stunde drei mal gesagt hat: "Christa, das ist doch so ein richtig schöner Segeltag, nee?" dann muss das so ein Tag wie der Sonntag sein, an dem wir von Muxia losgesegelt sind so um 8 Uhr am Morgen. Alles passt, der Wind treibt uns mit dem Blister und anfangs so um 10 Knoten herum in Richtung Muros an der Costa da Muerte entlang und dann später vorbei am Cap Finisterre. Die Wellen mit prognostizierten 2 Metern sind durch die Länge angenehm zu fahren. Die Sonne scheint und Hartmut öffnet das Bimini. Ich kann mich in der Achterkabine etwas zum Dösen hinlegen. während Hartmut (3 Segler - eine Regatta) seine Ehre und sein seglerisches Knowhow daran setzt, die anderen nicht an uns vorbei zu lassen. Der Holländer hinter uns schafft es nicht, uns zu überholen. So segeln wir hintereinander die 42 Seemeilen an dieser herrlichen Küste entlang. Nachmittags wird der Wind um einiges stärker, wie das wohl oft hier ist an der Küste. Noch bis tief in die Bucht - Ria da Muros - hinein, bis kurz vor dem Hafen, gelingt es uns, ohne Motor voranzukommen.  Die Einfahrt zum Hafen ist leicht zu finden und es sind genügend Liegeplätze vorhanden. Der Holländer kommt ganz kurz nach uns auch rein und ich laufe schnell hin, um ihm beim Anlegen zu assistieren. "Christa, das war doch ein richtig schöner Tag!" ja, war es!!!!

Und heute ein richtig deutsches Frühstück mit Ausblick

Muxia - ein magischer Ort?


Hier ist also das Ende des Camino Real, des Jakobswegs. Wenn es die vielen Wanderer aus vielen Ländern hier nicht geben würde, wäre der Ort sicher total ausgestorben. So bevölkern diese Menschen in ihren Wanderklamotten und mit ihren Rucksäcken die wenigen Restaurants und Bars am Hafen. Viele tragen die Jakobsmuschel als Zeichen am Hut, an der Jacke. 
In der Marina ist Totentanz. Nichts los, wir sind die einzigen Segler hier. Deshalb ist es auch so wunderbar ruhig. 

Man nennt diesen Küstenabschnitt auch die Costa da Muerte, die Todesküste. Ein Name, der für viele Tiere im Jahr 2002 zur bitteren, öligen Realität geworden ist. Der Öltanker PRESTIGE ist vor der Küste auseinander gebrochen und gesunken. 70.000 giftiges Schweröl hat von da an das Leben der Tiere und Menschen bestimmt. Muxia und alle Strände und die Küsten hier waren voll mit schwarzem giftigem Öl, die Magie dieses Ortes dahin. 




Nun sind 15 Jahre vergangen und man sieht auf dem ersten Blick nichts mehr. Die Promenade und die Häuser sind aufgehübscht, es ist ein neuer Yachthafen vorhanden. 
Oben bei der Kirche am Ende des Jacobswegs steht ein Mahnmal, um an dieses Unglück zu erinnern. Und viele der Wanderer werden von dem schrecklichen Schicksal dieses Ortes nichts wissen. 
Für uns beeindruckend, dass wir schon das zweite Mal auf unserem Weg solch ein Tankerunglück wahrnehmen, das erste Mal vor der bretonischen Küste im Chenab du Four, die AMOCO CADIZ 1978 mit 223.000 t Rohöl.